Herr Fortmann, das Bild des SEOs scheint sich zu verändern. Früher waren eher Suchmaschinen-Trickser – heute offenbar andere Typen gefragt. Können Sie das bestätigen?

Ja, das kann ich bestätigen. Vor rund 15 Jahren waren einige wenige „Trickser“ unterwegs, die die “einfachen” Algorithmen der Suchmaschinen überlistet haben. Je bedeutsamer Suchmaschinen – das würde ich zeitlich auf den Durchbruch von Google im Jahre 2002/03 terminieren – wurden, desto mehr SEOs bemühten sich, Websites mehr oder minderer seriös im Suchmaschinenindex nach vorne zu bringen.

Durch die Steigerung der Klickpreise hat sich die Relevanz von SEO drastisch erhöht. Google & Co. leben von der “Sauberkeit” des Index und haben daher kontinuierlich die Maßnahmen verschärft. Somit ist der Raum für Tricksereien immer enger geworden, und hat eine neue Spezies von SEO hervorgebracht: Inhouse-Berater oder Freiberufler, die nach qualitativem Content und Links suchen und sicherstellen, dass die Struktur und die Inhalte der eigenen Seiten stimmen und diese somit ideal gerankt werden. Aber klar: Trickser gibt es nach wie vor, die zum Beispiel externe Links aufbauen und auf die eigene Seite verweisen und die zeitweilig immer wieder schlauer als das Team von Matt Cutts sind.

Ist SEO nach wie vor eher als technische Disziplin zu sehen?

Ein Teil ist und bleibt technisch, aber maßgeblich ist es heute Inhalte orientiert. Das Technische kann man sich auch autodidaktisch aneignen.

Gibt es dabei Unterschiede zwischen Inhouse- und Agentur-SEOs?

Inhouse-SEO hat naturgemäß einen höheren Fokus auf Nachhaltigkeit und Qualität. Der Freiberufler lebt von seiner breiten Erfahrung, von der aber auch Inhouse-SEOs ab und an profitieren sollten.

Und was sollte ein Inhouse-SEO darüber hinaus mitbringen?

Gute redaktionelle Qualitäten und tiefes Produktverständnis.

Was würden Sie Unternehmen raten, die auf der Suche nach einem Inhouse-SEO sind?

Ernsthaft? Harald R. Fortmann bei Cribb ansprechen … Ansonsten geht es auch konventionell – mit gutem Employer Branding. Wenn ich eine spannende Marke, egal ob B2B oder B2C, habe und bereit bin, einem SEO die Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, die er für seine erfolgreiche Arbeit braucht, kann ich als Arbeitgeber interessant sein. Persönlich würde ich immer B2B-SEO machen, da liegen noch so viele Möglichkeiten brach…

Welche Position sollten Inhouse-SEOs Ihrer Meinung nach in der Organisationsstruktur eines Unternehmens einnehmen?

Das kann ich pauschal nicht beantworten, da das individuell vom Unternehmen – Größe, Branche, etc. – abhängt. Zentral ist jedoch, wie bereits sagt, dass  der- oder diejenige den notwendigen Gestaltungsspielraum hat. Und zukünftig wird der Inhouse-SEO vielleicht eher zur Stabstelle, die sicherstellt, dass Redaktion, Online-Marketing und Technik an einem Strang ziehen.

Nach wie vor gibt es viele SEO-Agenturen. Hat sich das Rollenbild des SEOs dort ebenfalls verändert oder sind in den Agenturen noch immer überwiegend SEOs vom „alten Schlag“ zu finden?

Auch hier lässt sich bei der Vielzahl an Agenturen keine pauschale Antwort geben. Ich stelle aber durchaus fest, dass sich sowohl große als auch kleine Agenturen verändert haben. So haben die meisten großen Agenturen beispielsweise ihr Portfolio um SEA und weitere Bausteine erweitert. Bei der Übersicht kann übrigens die Liste zertifizierter SEO-Agenturen vom BVDW helfen.

Welche Agenturen können den Sprung vom „alten“ zum „neuen SEO“ überhaupt schaffen?

Grundsätzlich jede, die es will. Man muss die Ziele anpassen, den Willen zur Nachhaltigkeit haben und sicherlich auch ein paar Abstriche hinsichtlich der Marge in Kauf nehmen.

Brauchen wir in 10 Jahren überhaupt noch SEO?

Das Berufsbild wird sich weiter verändern, vor allem auch weil Suchmaschinen wie Google die Funktion von der Such- zur Findemaschine immer weiter entwickeln werden. Aber Aufgaben – wenn auch in anderer Form – wird es für SEO sicher noch eine ganze Weile geben.