Die Suche nach einer oder einem neuen CEO kann eine mindestens respekteinflößende Angelegenheit sein. Denn es steht viel auf dem Spiel. Immer.
Wir beobachten in internationalen Studien, dass Menschen heute Unternehmen einen größeren Beitrag bei der Bewältigung der großen Herausforderungen zuschreiben als der Politik. Wer diese Unternehmen führt, auf welche Art auch immer, ist wichtig – für uns alle. Denn die Besetzung diese Positionen allein kann den Wert einer Firma verändern, so sie denn auf fremdes Kapital und dessen Wohlwollen angewiesen ist. Man denke beispielsweise an Kasper Rorsted bei adidas. Was sich für Zuschauer als eitle Rangeleien unter Alphamännern und zunehmend auch Alphafrauen abtun ließe, ist de facto ein Wettkampf um die besten Köpfe für die wirtschaftliche und kulturelle Transformation unserer Gesellschaft. Und der ist in vollem Gange.
Wer diese Herausforderung, das Ringen um die richtigen und besten Köpfe, erfolgreich für sich entscheiden will, der muss vor allem klar in seiner Zielsetzung, nüchtern in der methodischen Vorgehensweise und geduldig bezüglich des Verlaufs der Aufgabe sein. Man sollte anerkennen, dass man ohnehin falsch liegen könnte, und gerade deshalb etwas riskieren. Dementsprechend hat Bauchgefühl hier wenig zu suchen. Außer der entscheidende Bauch begleitet seit 20 Jahren hauptsächlich solche Auswahl- und Entscheidungsprozesse.
Und weil die Auswirkungen einer falschen Auswahl dramatisch sein können, sind die Vorbereitung, die Ausrüstung und die Auswahl der richtigen Partner „an Bord“ fast so wichtig wie die Suche selbst.
Die Auswahl als klassisches Entscheidungsdilemma
Die Personalauswahl auf C-Level kann als klassisches Entscheidungsdilemma betrachtet werden, das mit Sorgfalt, Zeit und Fertigkeit gelöst werden sollte. Wer eine solche Entscheidung im Unternehmen zu treffen hat, muss sich für einen oder auch mehrere Kandidaten bzw. Kandidatinnen entscheiden und gegen eine ganze Menge anderer. Dies passiert bis zu einem gewissen Grad stets auf Basis unvollständiger Informationen, ganz gleich wie gut die Suche abläuft. Man geht letztlich eine Wette ein. Eine Wette auf Menschen und ob bzw. wie diese in
bestimmten Situationen wirksam werden können. Der Ausgang einer solchen „qualifizierten Wette“ kann auch dann noch ein schlechter sein, wenn zuvor nach dem Lehrbuch gearbeitet wurde. Denn es lässt sich zwar die Prozessqualität der eigenen Entscheidungsfindung beeinflussen, nicht aber direkt deren Ausgang.
Die richtige Wahl ergibt sich aus dem richtigen Prozess, selbst wenn dabei nicht die Wahl heraus kommt, die man vermutet hätte. Alles andere zu glauben, bedeutet, die eigene Unfehlbarkeit anzunehmen, und das bedeutet, ans Zocken zu glauben. Das kann klappen. Ist aber als Konzeptansatz bekanntlich begrenzt in seiner Nachhaltigkeit.
Dabei geht es nicht darum, so zu tun, als könne Personalauswahl zu hundert Prozent objektiv sein. Es gilt, sich so aufzustellen, dass die persönlichen Eindrücke bezüglich der Interviewpartner strukturiert und damit – so weit wie aus Prozesssicht vertretbar – entsubjektiviert erfasst und berücksichtigt werden.
Nicht der Versuchung des leichten Weges erliegen
Man sollte dabei nicht der Versuchung des leichten Weges erliegen, indem direkt auf eine Auswahl an Kandidaten hingearbeitet wird, die das Unternehmen alle sofort nehmen würde.
Es empfiehlt sich vielmehr, den Beginn eines solchen Suchprozesses eher breit zu gestalten, mit einer unorthodoxeren Sammlung von Kandidaten und Kandidatinnen. Personen, die das Unternehmen nur möglicherweise mit ihren Fähigkeiten und Sichtweisen und der entsprechenden neuen Route auf das nächste Level heben könnten. Die erste Runde gehört den Möglichkeiten, der Inspiration, den potenziell anstrengenden Kandidaten.
Es geht dann unserer Erfahrung nach darum, methodisch sauber Kontext und Kandidaten übereinanderzulegen und zu überprüfen, wie viel Schnittmenge es gibt und – ganz wichtig – wie viel durch das Einbringen der neuen Person hinzugewonnen werden kann und soll. Unternehmen haben dazu bestehende Analyse bzw. Bewertungssysteme und Entscheidungswege. Entscheider wiederum haben Vorlieben. Individuelle Entscheidervorlieben sind – transparent gemacht – nichts anderes als Entscheidungsparameter. Aber die Art und Weise, wie dies alles gewichtet und moderiert wird, muss jedes Mal neu hinterfragt werden.
Wir alle sollten uns dabei nicht zu sehr leiten lassen von dem Gedanken, dass man es so macht. Die Zukunft ist zu ungewiss, um sich darauf auszuruhen, dass „man das schon immer so gemacht“ hat.
Wille, Neugierde und Wertschätzung des Bestehenden
Es gibt leider nur wenige allgemeingültige Indikatoren für „Transformationskompetenz“, dafür sind die Transformationsaufgaben dann doch zu spezifisch. Auf Basis unserer langjährigen Beobachtung kann ich aber sagen, dass die Kombination aus unbedingtem Willen, etwas zum Erfolg zu führen, sowie großer Neugierde auf das Neue bei gleichzeitiger Achtung vor dem Bestehenden ein großes Erfolgspotenzial hat.
Dieser Punkt, die Würdigung des Bestehenden wird allerdings immer noch – trotz der inzwischen zum Teil langen Erfahrung mit Transformation –zu häufig vernachlässigt, wenn die Begeisterung im Rahmen der Eroberungsabsichten der Kandidaten groß ist.
Was sich ebenfalls als hilfreich erwiesen hat für CEOs mit einem Veränderungsauftrag, ist die Fähigkeit, sich eine alternative Zukunftsentwicklung vorstellen zu können. Aber abgesehen davon hängt alles an den spezifischen Gegebenheiten und der mit der Transformation verbundenen Erwartungshaltung. Gerade in familieninvolvierten Kontexten können das auch oft als „weichere“ bezeichnete, de facto aber ziemlich mächtige, Faktoren sein.
Für das Bewerten ist der Kontext entscheidend
Die Geister scheiden sich dabei an der Frage, wie sehr man dabei auf das Potenzial und wie sehr auf den vermeintlich faktischen bisher produzierten Erfolg des Kandidaten schauen sollte. Auch hier wäre es schädlich, zu pauschalisieren: Das hängt von vielen äußeren Faktoren ab. Wie viel Zeit geben beispielsweise die Eigentümer für die Veränderung? Wie nervös reagiert der Kapitalmarkt bei Menschen ohne die bekannte Erfahrungskurve? Veränderung braucht Zeit und Zuwendung. Und das gilt ebenso für den CEO: Er oder sie benötigt ausreichend Zeit und Hebel, um die Veränderung erfolgreich zu gestalten. Ein solcher Hebel kann ebenso Erfahrung sein wie auch mal Frische. Und manchmal ist es beides zusammen.
Im Rahmen der CEO-Suche empfiehlt sich, einerseits auf das bisherige Wirken des Kandidaten zu schauen und sich andererseits zu fragen, auf welche noch ungenutzten Potenziale im Sinne der mit der Maßnahme verbundenen Zielsetzung dieses Wirken schließen lässt.
Wichtig ist dabei, ehrlich zu sein bezüglich der Einschätzung des eigenen Unternehmens und was es an Transformation verträgt. Was wird der potenzielle CEO an zusätzlichem Beitrag abrufen können, wenn er im Unternehmen wirken kann? Die bisherigen Erfahrungen, die die Person mitbringt, wurden in jedem Fall in einem bestimmten Kontext gemacht. Und dieser ist anders als in der neuen Organisation. Anzunehmen, dass sich etwas trotzdem eins zu eins reproduzieren ließe oder sich genauso wiederholen muss, ist mindestens kühn.
Erfolgsfaktoren bei der Suche nach CEOs
1. Entscheiden bedeutet, Wetten eingehen. Wetten Sie auf Basis erstklassiger Informationen.
2. Gönnen Sie sich den weiten Blick. CEO-Suche bedeutet auch eine Gelegenheit für die eigene Inspiration.
3. Definieren Sie Ihren passenden Kandidaten. Es gibt nicht (mehr) den richtigen Typ CEO. Ambition, Neugierde und Wertschätzung sind hilfreiche Anforderungen im Transformationskontext.
4. Konzentrieren Sie sich mehr auf den Prozess und weniger auf das Ergebnis. Das Ergebnis kommt von selbst, wenn Prozess und Beteiligte richtig sind.
5. Chefauswahl ist Chefsache, immer.
Eingestellt wird von oben
Was uns zu der spannenden Frage bringt, wer diesen Prozess der Entscheidungsfindung und der damit verbundenen Anforderungen gestalten sollte. Ganz einfach: Eingestellt wird von oben. Und im Falle des CEOs bedeutet „oben“ die Eigentümer. Wie auch immer diese je nach Unternehmensform in Abhängigkeit zur Firmenkultur institutionalisiert bzw. organisiert sind.
Denn Stand heute ist der Großteil der Unternehmen in Deutschland eben (noch) nicht in der lateralen Führung der Eigenverantwortlichkeit aller Mitarbeitenden angekommen. Solange dem so ist, macht ein streng hierarchisches System für die Auswahl Sinn, um jemanden einzustellen, der dieses System dann gern und mit Segen der Eigentümer verändert – wenn es denn heilsbringend ist. Jeder anderslautende Versuch bedeutet Überforderung für alle Beteiligten. An Bord muss klar sein, wer wobei das Sagen hat.
Eigentümer und Aufsichtsräte, die eine CEO Position besetzen möchten, müssen Input einsammeln und ihn nutzen. Das können Befragungen sein von Menschen auf gleicher Ebene oder darunter, die von der neuen Person profitieren oder die Ängste haben könnten. Auch die Konkurrenz kann man fragen – oder HR organisiert eine Umfrage in der Gesamtbelegschaft. Natürlich nicht anlassbezogen, wenn die Ergebnisse schlechter werden oder die Vertragsverlängerung auf der Agenda steht. Das wäre ein seltsames Zeichen. Diese Art des Erkenntnisgewinns müssen institutionalisiert werden.
Die Entscheider des Führungskräfte-Auswahlprozesses sollten zu jeder Zeit eine Idee davon haben, wie sich Anforderungen an das oberste Führungspersonal verändern. Eine gute und systematische Nachfolgeentwicklung (intern wie extern) ist vital für ein Unternehmen – und endet unserer Erfahrung nach zu häufig mit der Entscheidung für ein Tool, das es richten soll. Das wird nichts.
Externe „Chefauswahl“ wie auch interne „Chefentwicklung “ sind Chefsache. Und die erfolgreichen Chefs glauben an die Macht verschiedener – nicht zwangsweise aller – Perspektiven bei der Vorbereitung und Optimierung von Entscheidungsprozessen.
Kontaktieren Sie uns gerne über die Ihnen bekannten Wege und wir laden Sie ein, das Thema persönlich zu vertiefen.