IMD und Cisco prognostizieren, dass innerhalb der kommenden fünf Jahre durchschnittlich vier der zehn umsatzstärksten Firmen jeder Branche aufgrund des digitalen Wandels aus den Top Ten verdrängt werden.

Das Problem ist bloß: Leider gibt es keine Blaupause, keine Best Practices, keine Präsentation und sicherlich keine „Vier Dinge, die Sie tun sollten, um…“-Liste, die Unternehmen hinzuziehen und direkt auf ihr Geschäftsmodell übertragen können.

Das liegt zum einen daran, dass Digitalisierung ein kontinuierlicher Vorgang ist. Keine Einzeldisziplin, kein Leuchtturmprojekt, sondern ein ganzheitlicher, extrem komplexer Prozess. Jedes Unternehmen steht dabei vor ganz eigenen Herausforderungen.

Zum anderen befinden wir uns alle in einer noch nie dagewesenen Situation: Der vierten industriellen Revolution, die mit einer umwälzenden Kraft daherkommt und nicht nur die Wirtschaft, sondern die gesamte Gesellschaft verändert.

Nach fast zwei Dekaden als Personalberater im Digital-Umfeld und dank der Einblicke in unterschiedlichste Unternehmen gibt es für mich aber zumindest eine sichere Erkenntnis: Fehlt es an digitaler Kompetenz und klarem Bekenntnis zur Digitalisierung auf der obersten Führungsebene, ist die digitale Transformation von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Ein Unternehmen ganzheitlich zu wandeln bedeutet, einen schmerzhaften Prozess einzuleiten. Vor allem erfordert es jede Menge Mut.

Es gilt, Barrieren aufzubrechen; Mitarbeiter zu Veränderungen zu ermutigen; diejenigen gehen zu lassen, die den Weg nicht beschreiten können oder wollen; Fehler zuzulassen, lernfähig zu sein, neue Ansätze auszuprobieren und wieder zu verwerfen; und zu riskieren, Anteilseigner zu enttäuschen, weil die Ergebnisse eventuell hinter den kurzfristig erwarteten Gewinnen zurückbleiben.

So mutig ist niemand allein, der die Verantwortung für das aktuelle Geschäft, die Mitarbeiter und im Zweifel die eigene Familie hat – oder kurz vor der Rente steht.

Insofern ist klar: Nur als Team kann die digitale Transformation gelingen. Und nur mit einem klaren Bekenntnis zur Digitalisierung – formuliert und vorangetrieben von der obersten Führungsriege – lässt sich Veränderung im Unternehmen überhaupt anstoßen. Dafür müssen CEO, Digital-Verantwortlicher, Aufsichtsrat und Beirat eine echte Allianz bilden, die Mission muss unmissverständlich sein: Die Digitalisierung des Unternehmens ist sowohl eine unabdingbare Notwendigkeit als auch eine einmalige Chance, die nur gemeinsam erfolgreich realisiert werden kann.

Sicher, auch dieser Rat ist leichter gesagt als getan. Daher vier Tipps, die es auf der Führungsebene braucht, um Unternehmen in Richtung digitale Zukunft zu entwickeln:

  1. CEOs müssen sich die Digitalisierung zu Eigen machen. Ist es doch ihre zentrale Aufgabe, die Weichen für zukünftigen Unternehmenserfolg zu stellen. Und dafür gilt es, eine klare Digitalvision zu formulieren – was Umfragen zufolge bislang nur rund jeder vierte CEO erledigt hat.
  2. Um den CEO bei der Entwicklung und Ausgestaltung der Digitalstrategie zu unterstützen und zu beraten, bedarf es eines Digital-Verantwortlichen oder Chief Digital Officer. Er verantwortet und gestaltet die operative Umsetzung des Transformationsprozesses über sämtliche Unternehmensbereiche hinweg. Wenn alles digital ist, wird seine Rolle sicher in anderen aufgehen – aber so weit sind wir in Deutschland noch nicht.
  3. Berufen Sie Digital-Experten in Ihren Aufsichtsrat. Zum einen bedarf es für weitreichende Entscheidungen wie Investitionen in neue Segmente oder das Abstoßen von altem Geschäft der Unterstützung Ihres Kontrollgremiums. Zum anderen können in einem paritätisch besetzten Aufsichtsrat die Arbeitnehmervertreter notwendige Veränderungen an die Mitarbeiter vermitteln.
  4. Einen Perspektivwechsel ermöglicht ein externes Digital Advisory Board. Es prüft die Digitalstrategie, erarbeitet Ergänzungen oder Alternativen, schiebt Initiativen und Optimierungsmöglichkeiten an und setzt Impulse für das Unternehmen und dessen Mitarbeiter. Stellen Sie aber sicher, dass Ihr Digitalbeirat nicht nur ein PR-Gag ist, sondern einen wirklichen Beitrag leisten kann.

All diese Personen sollten das Ausmaß der Veränderungen bereits verinnerlicht haben. Sie treffen Entscheidungen auf Basis ihres digitalen Knowhows und ihres Verständnisses für die Marktentwicklungen und gehen mit ihrem Blick für neue Möglichkeiten als innovative Impulsgeber voraus. Das Wichtigste aber ist: Sie verstehen sich als Team, das Hand in Hand und konsequent daran arbeitet, das Unternehmen in Richtung digitale Zukunft zu entwickeln.

Dieser Beitrag wurde zuerst auf WiWo.de am 12. Februar 2016 veröffentlicht.