Dr. Ulrich Wahlers, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Orrick, Herrington & Sutcliffe LLP, schreibt über die unbekannten Möglichkeiten befristeter Arbeitsverträge für Emerging Companies. Welche Regelungen es einzuhalten gilt, damit die Verträge wirksam werden, und wie neugegründete Unternehmen davon profitieren können, erläutert er in diesem Gastbeitrag, der zuerst im Newsletter 3/2014 von Orrick erschienen ist.
Befristete Arbeitsverträge – (überraschend) unbekannte Möglichkeiten für Emerging Companies
Zum Leidwesen vieler Arbeitgeber ist der Kündigungsschutz in Deutschland stark ausgeprägt. Daher entscheiden sich viele Unternehmen, Arbeitsverträge mit einer befristeten Laufzeit abzuschließen, um auf diese Weise die Risiken möglicher Kündigungen zu vermeiden. Die Voraussetzungen, unter denen ein Arbeitsvertrag befristet abgeschlossen werden kann, sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Das Ziel des TzBfG ist es, den Abschluss von befristeten Arbeitsverhältnissen einzuschränken. Unbefristete Anstellungsverhältnisse, die nach einer Beschäftigungszeit von 6 Monaten regelmäßig zu Kündigungsschutz führen, sollen nicht durch eine Abfolge von befristeten Arbeitsverträgen ersetzt werden. Ansonsten droht eine Umgehung des Kündigungsschutzes und ein langfristig beschäftigter Arbeitnehmer könnte sich nicht gegen das Begehren des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis zu beenden, wehren.
Um einen befristeten Arbeitsvertrag wirksam abzuschließen, müssen die Regelungen des TzBfG genau eingehalten werden. Das TzBfG erlaubt die Befristung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines sogenannten Sachgrundes. In diesem Fall kann ein Arbeitsverhältnis für mehrere Jahre – d.h. auch für mehr als 2 Jahre – befristet werden. § 14 TzBfG listet die zulässigen Sachgründe für eine Befristung auf. Der häufigste Fall einer Sachgrundbefristung ist die Vertretung eines Arbeitnehmers, z.B. im Fall von Elternzeit. Das bloße Bedürfnis des Arbeitgebers, flexibel zu bleiben und aus diesem Grund eine unbefristete Beschäftigung zu verhindern, ist jedoch kein anerkannter Befristungsgrund im Sinne von § 14 TzBfG. In diesem Fall muss der Arbeitgeber auf eine sogenannte sachgrundlose Befristung zurückgreifen. Allerdings ist eine sachgrundlose Befristung nur für einen maximalen Zeitraum von 2 Jahren möglich. Nach Ablauf dieses Zeitraums muss der Arbeitnehmer unbefristet beschäftigt werden. Dies beschränkt die Möglichkeiten deutscher Unternehmen, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, merklich.
Viele neugegründete Unternehmen sind sich jedoch nicht bewusst, dass das TzBfG Regelungen enthält, die neugegründete Unternehmen privilegieren und ihnen ermöglichen, die maximale Befristungsdauer auch ohne einen Sachgrund erheblich zu verlängern. Im Jahre 2004 ergänzte der Gesetzgeber § 14 TzBfG, der nunmehr unter Absatz 2a regelt, dass neugegründete Unternehmen befristete Arbeitsverträge für einen Zeitraum von bis zu 4 Jahren abschließen können. Ein Sachgrund für den Abschluss eines solchen befristeten Arbeitsvertrages ist dabei nicht erforderlich. Zudem besteht dieses Recht während der ersten 4 Jahre des Bestehens der neugegründeten Gesellschaft. Dies bedeutet, dass sogar im vierten Jahr des Bestehens eines neugegründeten Unternehmens immer noch die Möglichkeit besteht, bei einer Neueinstellung den Arbeitsvertrag für einen Zeitraum von 4 Jahren zu befristen. Mithin können neugegründete Unternehmen de facto bis in das 8. Jahr ihres Bestehens von den Befristungserleichterungen profitieren. Zu beachten ist jedoch, dass nur neugegründete Unternehmen diese Regelungen nutzen können. Es ist nicht ausreichend, ein bestehendes Unternehmen umzuwandeln oder durch eine Verschmelzung oder ähnliche Maßnahmen in eine neue Gesellschaft einzubringen. In diesem Fall wäre die maximale Befristungsdauer weiterhin lediglich 2 Jahre.
Neugegründete Unternehmen sollten daher stets prüfen, ob es Sinn macht, die Risiken möglicher späterer Kündigungen durch den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen zu reduzieren. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses kann neugegründeten Unternehmen sehr zu Gute kommen. Stellt das Unternehmen z.B. fest, dass die Leistung eines Mitarbeiters nicht ausreichend ist oder besteht allgemein ein Bedarf, Arbeitsplätze abzubauen, kann das Unternehmen potenziell kostenträchtige Kündigungen vermeiden und einfach den Auslauf der Befristung abwarten.
Über den Autor
Dr. Wahlers ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und als Counsel in der Praxisgruppe Arbeitsrecht tätig. Er berät Unternehmen in allen Bereichen des Arbeitsrechts. Ein Schwerpunkt seiner Tätigkeit ist die Beratung von Unternehmen bei der Ausgestaltung von Dienstverträgen für Vorstände und Geschäftsführer sowie der Entwurf von Vergütungsregelungen und Retention-Plans. Dr. Wahlers hat ferner besondere Erfahrung im Bereich des kollektiven Arbeitsrechts und führt regelmäßig Verhandlungen mit Betriebsräten. Sein Interesse gilt zudem den arbeitsrechtlichen Aspekten der Social Media-Nutzung sowie Fragen des Arbeitnehmerdatenschutzes. Wenn Sie ihn kontaktieren möchten, erreichen Sie ihn über diesen Link oder via uwahlers@orrick.com