Das zumindest behauptet eine knackfrische Studie von Juniper Research. Hitze entsteht auch durch Reibung. Denn diesmal treten nicht nur einmal mehr die großen Player wie Google und Apple gegeneinander an, sondern auch die großen Telkos und StartUps wie Square sind mit teils vielversprechenden Konzepten am Start.
Für Gesprächsstoff sorgt aber nicht nur die Frage, welche Technologie und welches Geschäftsmodell am Ende das Rennen macht. Weitaus faszinierender sind die Potenziale, die mit dem nun greifbaren Brückenschlag zwischen Online-Marketing und der Offline-Konsumwelt verbunden sind. Es braucht nicht viel, um zu erkennen, welche kostbaren Rückschlüsse Google im Hinblick auf die PoS-Wirksamkeit von Online-Kampagnen mit Google Wallet wird bieten können. In Verbindung mit Google Offers, dem Android-Betriebssystem und den Nexus-Smartphones genießt Google eine nahezu ideale Ausgangsposition. Apple hingegen hat mit dem iPhone – dem ein NFC-Chip im nächsten Modell vorausgesagt wird – die größere Macht im Hardware-Markt. Mit iTunes als gut etabliertem und akzeptiertem Bezahlsystem hat Steve Jobs einen weiteren Trumpf auf der Hand. Auch der im Vergleich zu Google derzeit noch größere Vertrauensbonus dürfte im Kampf um Marktanteile im Mobile Payment ins Gewicht fallen.
Square wiederum muss jetzt sehen, wie es seine vielen Funding-Millionen richtig investiert. Das Unternehmen hat mit seiner Lösung aus App und Smartphone-Aufsatz eine clevere Alternative entwickelt. Sie wird noch mehr Kraft entfalten, wenn NFC-Systeme integriert werden. Zu erwähnen ist auch Corduro, das technisch komplizierter ist, aber dank Google’s finanzieller Rückendeckung ein ebenfalls spannender Kandidat bleibt. Monetär gut ausgestattet ist auch Boku – ein Dienst, der Einkäufe per Telefonrechnung abrechnet. Ob sich dieses Geschäftsmodell mit seinem hohen Provisionslasten weiter in die Breite entwickeln kann, bleibt jedoch abzuwarten.
Schauen wir uns an, welche Manager wir im Mobile Payment Markt im Blick behalten sollten.
Keith Rabois ist COO bei Square in San Francisco
Als reiner mobile Payment Anbieter wohl das Unternehmen, dem das größte Potenzial zugestanden wird, auch ohne NFC die Bezahlwelt zu revolutionieren. Sein Chef, Twitter-Gründer Jack Dorsey, steigt gerade mit seinem 130 Mitarbeiter-Unternehmen ohne großen Respekt in den Ring mit großen Kreditkarten- und Mobilfunkkonzernen, mit Banken oder IT-Unternehmen namens Apple oder Google. Zu Rabois‘ vorherige Stationen gehören PayPal, LinkedIn und Slide. Auch in YouTube investierte er früh. Es heißt, er sei der Einzige, dem Anteile jedes VC-finanzierten Internetunternehmens mit der Zielgruppe der Endverbraucher gehören, das von früheren PayPal Mitarbeitern gegründet wurde. Wird er derjenige sein, der Square auch nach Europa
bringt? Noch gibt es dazu keine Aussagen.
Holger Spielberg ist seit Anfang 2011 neuer Head of Mobile Payments bei der PayPal Deutschland GmbH
Er ist verantwortlich für alle Produkt- und Geschäftsinitiativen zum Thema „Mobile“ sowie für die Entwicklung wirkungsvoller Innovationsansätze. Seine Erfahrungen sammelte Spielberg in der Automobil-, der Telematik- und der
Telekommunikationsbranche, außerdem bei mobilen Dienstleistern in Europe und den USA, auch als Mitgründer oder Business Angel. PayPal baut auf der existierenden Finanzinfrastruktur für Bankkonten und Kreditkarten auf und hat das Vertrauen unzähliger Nutzer auf seiner Seite. Damit genießt die Ebay-Tochter einen großen Vorteil gegenüber den
Wettbewerbern. Ehemalige PayPal-Mitarbeiter finden in dieser Kolumne immer wieder Erwähnung – das Unternehmen scheint also eine ergiebige Quelle für erfolgreiche Manager mit hoher Entwicklungskompetenz zu sein.
Benjamin Vigier, Product Manager Mobile Commerce bei Apple
Natürlich erwartet jeder im iPhone5 die Möglichkeit, damit mobil bezahlen zu können. Wie, worüber und mit welchen Apple-typischen Aha-Effekten werden wir erst noch erfahren. Dass daran schon eine Weile entwickelt wird, können wir uns spätestens seit Juli 2010 denken, als Apple Benjamin Vigier als Product Manager Mobile Commerce in San Francisco an Bord geholt hat. Das Handwerkszeug dazu hat er sich bei der Entwicklung vieler mobiler Payment-Lösungen geholt: Für eine US-Bank entwickelte er eine NFC-Anwendung, für zwei Mobilfunkbetreiber mobile Geldbörsen, für PayPal die mobile Anwendung, die auf Blackberrys und anderen Handys läuft und für Starbucks ein Barcode-basiertes Zahlungssystem für das iPhone. Einige dieser Entwicklungen machte er während seiner Zeit
bei mFoundry, wo er für M-Payment und NFC verantwortlich war.
Arbeitgeber von Charles Fränkl, Geschäftsführer von Clickandbuy, ist die Deutsche Telekom, die natürlich ebenfalls ein großes Interesse daran hat, beim Thema Mobile Payment ein relevanter Player zu sein.
Und natürlich hat sie anderen Unternehmen gegenüber einige Vorteile, wenn es um Abrechnungsmodalitäten oder den Zugang zu ihren Kunden geht. 2010 kam Bewegung in das Thema, als sie sich für einen dreistelligen Millionenbetrag den Bezahldienst Clickandbuy einkaufte. Zu dem Zeitpunkt gab es schon den firmeneigenen Bezahldienst T-Pay, der in Clickandbuy aufging. Damit ging auch die Zuständigkeit für dieses Thema an den früheren AOL-Geschäftsführer Fränkl über, der es nun Telekom-intern weiterführt und es damit offenbar nicht leicht hat. Wir kennen den Riesen eher behäbig als innovativ und pragmatisch. Schafft der Konzern es dennoch, das Ruder bei Clickandbuy mit einem zukunftsfähigen Mobile Payment Angebot rechtzeitig herumzureißen? Wir werden es beobachten.
Osama Bedier, Vice President Product Development bei Google, war bei PayPal über acht Jahre für die Produktentwicklung von Mobile Payment zuständig und arbeitete eng mit Google zusammen an einer gemeinschaftlichen Lösung.
Diese Zusammenarbeit stoppte Google abrupt – und warb ihn ab, um allein eine eigene Lösung zu bauen. Jetzt zieht PayPal Google vor den Kadi. Das wird den im letzten Monat angekündigten Handy-Bezahldienst Google Wallet wohl kaum aufhalten können. Seit Anfang des Jahres ist Bedier an Bord und man darf gespannt sein, wie die Lösung aussehen wird. Technisch versiert ist er, mit Erfahrungen in der Telekommunikation bei AT&T Wireless, im Hardwarebereich bei Gateway und bei Distributionssystemen im Multimediabereich. Sein
breites Spektrum wird ihm helfen, eine Lösung zu entwickeln, wie man sie von Google erwarten würde.