Ich war ebenfalls vor Ort und habe die Veranstaltung – wie in den 10 Jahren zuvor – als äußerst bereichernd und spannend empfunden. Von den vielen innovativen Ideen und Trends, die auf den Panels, in den Keynotes und untereinander diskutiert wurden, sind für mich vier Bereiche von zentraler Bedeutung:

1) Internet of Things:

Mit dem Internet verbundene und tragbare Dinge sind bereits da. Häufig zwar noch im Beta-Stadium (Stichwort: Fitness-Anwendungen wie Nike+ FuelBand, Google Glass, selbstfahrende Autos, etc.), schaffen sie neue Industrien und Geschäftsmodelle und werden unvermeidlich Einzug in unseren Alltag halten. Eine der Implikationen: Die Datenmasse, die durch die Möglichkeit der Selbstvermessung (Quantified Self) entsteht, erhöht sich und ergänzt das Thema Big Data. Herausforderungen, die es zu lösen gilt: Unsere ohnehin bereits am Limit operierenden Netze werden noch stärker in Anspruch genommen und die verschiedenen neuen Geräte benötigen unterschiedlich intelligente Netzwerke zur optimalen Kommunikation.

2) Funding:

Slava Rubin, Chef der größten Crowdfunding-Plattform Indiegogo, glaubt an eine Revolution der Finanzbranche. Der einfachere Zugang zu Geld über einen Schwarm von Kleininvestoren, die Gründer für ihre Ideen begeistern, wird den Markt aufrütteln und „jeder wird in Zukunft seine eigene Bank sein“ (Rubin). Ob dem wirklich so sein wird, wird sich zeigen. Auf der Hand liegt allemal, dass die Barrieren für Unternehmensgründungen durch Crowdfunding massiv gesenkt werden, der Zugang zu Geld so einfach wie nie ist und jeder individuelle Möglichkeiten erhält, an der Wertschöpfungskette zu partizipieren. Werden Banken und ihre Kredite damit zukünftig obsolet? Ich für meinen Teil gehe zumindest kaum noch in eine Filiale und erledige ohnehin fast alles online.

3) Leichtere Unternehmensgründung dank Cloud:

Werner Vogels von Amazon brachte es auf den Punkt: „Die Cloud ist einfach praktisch: Man muss keine riesigen Datencenter mehr bauen, Genehmigungen einholen, rechtliche Fragen klären. Man muss einfach nur den Knopf drücken.” Die Cloud senkt die Einstiegsbarrieren für Gründer. Sie können, ohne hohe Investitionen in IT-Infrastrukturen zu tätigen, gleich von der Idee in die Umsetzung gehen. Und falls doch etwas schief geht, ist es kein komplett finanzielles Desaster. Die Gründer kommen – ohne hohen Schuldenberg – schnell wieder auf die Beine, um etwas Neues zu starten.

4) eCommerce geht in die Fläche:

Nein, hier ist nicht von „in die Breite gehen“ die Rede, sondern von der stationären Verkaufsfläche beispielsweise in Form von Pop-up-Stores. Denn: Der ROPO-Effekt (ROPO = Research Online Purchase Offline) kann sich auch umkehren, da ein Online-Shop für viele Kunden nicht das gewohnte und gewollte physische Shopping-Erlebnis – Anfassen, Ausprobieren – bietet. Oder wie Paula Reed, Creative Director von mytheresa.com, sagte: „Online-Shops sind nicht sexy“. Das hat auch Sneakerboy erkannt. Das australische Unternehmen hat einen stationären Shop gestartet, in dem Kunden Schuhe anfassen und testen – und anschließend online bestellen können. Ich bin gespannt, wie sich dieser Trend entwickelt und wie er sich beispielsweise auf den Einkaufsprozess in Möbelhäusern und Gartencentern auswirkt.

Harald R. Fortmann, DLD 2014