Kennen Sie auch dieses Phänomen? Eigentlich denken Sie, sie kennen jemanden seit Jahren. Und auch gut. Aber eigentlich sind Sie sich noch nie im echten Leben begegnet. Das nennt man wohl Digitales Leben. Deshalb breche ich heute zum ersten Mal mit der Regel, dass alle hier vorgestellten Personen mir persönlich bekannt sind. Nico Rose ist es nämlich nicht. Noch nicht. Ich bin sicherlich, was man einen Twitter-Maniac bezeichnen würde. Wer mir auf Twitter folgt, bekommt nicht nur Wertvolles aus der Digital-Industrie mit, sondern sehr viel von mir persönlich: meine Passion für schicke Fahrräder, mein Laufpensum und meine Vorbereitung für den NY-Marathon etc. Und wahrscheinlich ist es auch dieser sehr persönliche Umgang mit diesem Medium, der dazu führt, dass man meint, seine Follower und Followed Persons zu kennen. Nicos Tweet zu folgen, lohnt sich auf jeden Fall. Seine Meinungsäußerungen erwecken auch den Wunsch, ihn endlich mal persönlich kennen zu lernen.
Das können Sie heute hier schon mal digital einleiten und persönlich – genau wie ich – auf der dmexco. Denn Nico wird einer meiner Panelisten beim BVDW-Seminarunter dem Titel „Love it, leave it or change it“ – Change Management in der digitalen Revolution“, in dessen Rahmen ich mit Nico und vier weiteren hochkarätigen Panelisten am 16. September ab 16h00 die Herausforderungen der Industrie 4.0 zu beleuchten versuche.
Lieber Nico, ich freue mich auf Dich und unser Gespräch – und schauen Sie doch mal, ob Sie nicht auch dazu kommen wollen.
Viel Spaß beim Lesen und ein tolles Herbst-Wochenende.
Ihr
Harald R. Fortmann
1) Was wolltest du als Kind werden?
Der nächste Boris Becker. Ich war auch mal richtig gut als Jugendspieler. Aber leider nicht richtig, richtig gut.
2) Wie würden deine Mitarbeiter deinen Führungsstil beschreiben?
Viel Freiraum gebend, vielleicht ein bisschen chaotisch. Empathisch, wenn es sein muss, aber wahrscheinlich auch ein bisschen zu eigenbrötlerisch für eine klassische Führungskraft.
3) Und wie du selbst?
Ich habe nie eine klassische Führungsrolle angestrebt, sondern bin da eher reingerutscht. Ich fühle mich wohler in beratenden und begleitenden Rollen, zum Beispiel als Coach und Speaker. Von daher denke ich, dass eine solche Haltung auch meinen Führungsstil prägt.
4) Stichwort War for Talents: Wie gelingt es dir, die besten Mitarbeiter zu finden?
Bertelsmann ist sehr groß und macht viele unterschiedliche Dinge, gleichzeitig ist die Dachmarke den meisten Menschen vermutlich nicht ganz so präsent wie andere starke Consumer-Marken, beispielsweise BMW oder Google. Ich bezeichne Bertelsmann daher gerne als „erklärungsbedürftiges Produkt“ am Arbeitgebermarkt. Das prägt auch unsere Employer Branding- und Recruiting-Strategie. Vereinfacht gesagt: lieber einige wenige Menschen intensiv kennenlernen (z.B. im Rahmen von hochwertigen Events wie Talent Meets Bertelsmann), als breite Aufmerksamkeit erzielen.
5) Und wie hältst du sie?
Kann ich noch nicht wirklich sagen, weil ich erst seit rund einem Jahr direkt führe. In meinen ersten Jahren bei Bertelsmann war ich ein Multi-Agentur-Projekt-Manager, habe also ausschließlich externe Leute gesteuert. Für mich stellt sich auch die Frage: Warum überhaupt halten? Ich denke da eher über Entwicklung nach und würde mich sehr freuen, wenn meine Leute innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre einen bedeutenden Schritt vorwärts machen. Idealerweise natürlich innerhalb des Bertelsmann-Universums, das ist ja groß genug für mehrere Berufsleben.
6) Was bedeutet der digitale Wandel für dich im Alltag und auf der Arbeit?
Meine Frau behauptet, ich sei ein Smartphone-Junkie, weil ich es fast immer in der Hand habe. Und es stimmt wohl: Wenn ich nichts anderes tue, bin ich praktisch immer digital am Lesen oder auch am Schreiben. Mittlerweile diktiere ich viele Texte und Ideen in mein iPhone, womit ich mir häufig noch verwunderte Blicke einhandele. Auch bei Bertelsmann ist neben meiner Stimme und dem Laptop das Smartphone mit Abstand das wichtigste Arbeitsmittel. Inhaltlich beschäftigt mich der digitale Wandel natürlich ebenfalls. Employer Branding und Recruiting haben sehr viel mit Geschichten-Erzählen zu tun. Von daher müssen wir weiter lernen, diese Geschichten auch digital zu erzählen. Wir beobachten sehr genau, wie sich neue Plattformen entwickeln und versuchen, HR-seitig First Mover zu sein, wenn eine neue Plattform in puncto Größe und Zielgruppe relevant wird (siehe dazu auch Frage 8).
7) Die Risiken der Digitalisierung stehen oftmals im Vordergrund, wir möchten das Positive herausheben. Welche Chancen ergeben sich deiner Meinung nach durch sie?
Ich habe neulich einen Artikel darüber geschrieben, warum es mit großer Wahrscheinlichkeit gut ist, dass Roboter und Algorithmen uns demnächst die Jobs klauen. Ich weiß, dass es dadurch eine schwierige Übergangszeit geben wird und auch tatsächlich Arbeitsplätze verloren gehen. Gleichzeitig werden diese Menschen aber nicht rumsitzen und sich in ihr Schicksal ergeben. Wir werden uns neue Arbeitsfelder schaffen, und im Zweifel werden diese Aufgaben erfüllender und schlichtweg menschlicher sein, als jene, die verloren gehen.
8) Welche Schritte in Richtung digitale Transformation haben hast du in deinem Unternehmen angestoßen?
In meiner Rolle geht es wie gesagt viel um (digitales) Storytelling. Bertelsmann war 2008 eines der ersten deutschen Großunternehmen mit einer eigenen HR-Seite auf Facebook. Auch auf Twitter waren wir früh dabei. Seitdem versuche ich, mit gutem Beispiel voran zu gehen. Wir haben bereits seit rund vier Jahren eine eigene App, die wir bei unseren Veranstaltungen nutzen, um das reale Event mit der virtuell-sozialen Sphäre zu verknüpfen. 2013 haben wir das – meines Wissens – erste Karriere-Twitterview mit dem Personalchef eines großen Konzerns veranstaltet. Dieses Jahr waren wir wiederum First Mover, was die Nutzung der Streaming-App Periscope im HR-Kontext betrifft. Mal schauen, was als nächstes kommt.
9) CEO, CDO, CIO, CTO, CMO, CFO, … – wer sollte die Digitalisierung der Unternehmen vorantreiben und warum?
Das kann nicht eine Person alleine machen. Die Digitalisierung ist so wichtig und bedeutungsvoll, dass sich wirklich jeder Bereich eines Unternehmens damit auseinander zu setzen hat.
10) Wandel ist stets eine Herausforderung. Wie kann es gelingen, dabei alle Mitarbeiter mitzunehmen?
Ich halte es für illusorisch, immer alle Mitarbeiter „mitnehmen“ zu wollen. Aber eine schöne Übersicht für gelungenen Wandel bietet dieses Schaubild (Quelle hier):
11) Digitaler Enthusiasmus ist für dich?
Es gibt ja Menschen, die behaupten, dass wir praktisch alle auf dem Weg sind, „digital dement“ zu werden. Ich komme aus dem Pott, da sagt man augenzwinkernd: „Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, liegt´s an der Badehose“. Und in den USA heißt es: „A Fool with a Tool is still a Fool“. Smartphones, Algorithmen, Roboter usw.: all das sind Werkzeuge – und die kann man intelligent und kunstvoll einsetzen, oder eben nicht. Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass die Vorteile die Nachteile bei Weitem überwiegen werden. Dafür müssen wir allerdings übergreifend sicherstellen, dass “das Digitale” dem Menschen dient, und nicht umgekehrt.
Vielen Dank, Nico!
Nico Rose im Netz: LinkedIn, Twitter
Vorherige “Digital-Checks”:
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