Kölsche Jung und Serial Entrepreneur – das sind die beiden Stichworte, die mir sofort einfallen, wenn man mich zu Oliver Thylmann fragt. Digital Enthusiast ist er seit jeher und mit Ligatus, Ormigo, AdCloud und nun Giant Swarm, das er wieder mit seinem Geschäftspartner Henning Lange gegründet hat, hat er maßgeblich die Kölner Internetszene geprägt.

Die Gespräche mit Oliver sind stets angenehm, interessant; und er besitzt die Gabe, technische Details auch für einen lediglich technisch Interessierten wie mich auf den Punkt zu bringen. Den Spaß an der fortwährenden Veränderung und an den digitalen Entwicklungen spürt man bei ihm und seinem Partner Henning, ebenso wie bei ihrem Team.

Mit Giant Swarm haben sie mal wieder ein ganz heißes Eisen ins Feuer gelegt. Das US-Geschäft steht an und ich habe keine Zweifel, dass wir in Kürze noch viel mehr von den beiden hören werden… Aber nun hören Sie doch erst mal, was Oliver mir hier zum Besten gegeben hat.

Ich wünsche Ihnen ein tolles Wochenende und grüße herzlichst von der schönen Insel Langeoog.

Ihr
Harald R. Fortmann

Oliver Thylmann, Giant Swarm

1) Was wolltest du als Kind werden?

Sagen wir mal Jugendlicher, da wollte ich Schlagzeuger werden. Ich habe sogar mal mit Freunden ein Album aufgenommen in Brüssel, in den Studio in dem auf Frank Zappa aufgenommen hat. Als Schlagzeuger ist das super, da man schnell durch ist und sich dann dem Alkohol widmen kann. Mit Computern habe ich erst in der Uni angefangen, aber nach 6 Monaten direkt eine 16Mhz Solaris Sparc mit ausklappbaren Festplatten mitadministriert.

2) Wie würden deine Mitarbeiter deinen Führungsstil beschreiben?

Ehrlich. Ich bin einer festen Meinung, bis ich sie ändere, kann auch mal laut werden, bin aber immer ehrlich und offen.

3) Und wie du selbst?

Ich glaube das Menschen von sicher heraus Sachen erreichen wollen und sie nur möglichst gute Informationstransparenz und Entscheidungsfreiheit haben müssen. Darüber hinaus bin ich bei Tom Peters. Die Definition von Manager ist Barrier-Removal-Professional.

4) Stichwort War for Talents: Wie gelingt es dir, die besten Mitarbeiter zu finden?

Mitarbeiter müssen begeistert werden und der ganze Setup der Firma muss zum Markt, den Kunden und auch den Mitarbeitern passen. Als Firma im Developer Led Enterprise Umfeld, haben wir bei Giant Swarm direkt entschieden eine verteilte Firma aufzubauen und Entwicklern die Möglichkeit zu geben dort und dann zu arbeiten wo sie am besten arbeiten können. Das macht uns wiederrum für die komischen (im positiven Sinne) Entwickler die wir brauchen interessant.

5) Und wie hältst du sie?

Wir arbeiten konstant an einem guten Arbeitsumfeld, besonders da unsere Mitarbeiter jederzeit woanders einen Job für gleiches oder sogar besseres Gehalt kriegen könnten. Diese Leute arbeiten aber nicht für Geld sondern für herausfordernde Aufgaben, für spannende Kollegen und ein gutes Arbeitsklima. Das müssen wir alles schaffen.

6) Was bedeutet der digitale Wandel für dich im Alltag und auf der Arbeit?

Seit dem Studium bin ich compulsive First Adopter wenn man es so sagen will, aber somit sehe ich das ganze nicht als Wandel sondern als Teil des Lebens. Aber genau diesen Wandel, wie manche es nennen, wollen wir ja mit Giant Swarm vorran treiben, indem wir Entwicklern und Firmen die Möglichkeit geben sich voll auf Innovation zu konzentrieren ohne die tiefen Investments in die notwendige Infrastruktur die dies möglich macht. Besonders geht es uns hier um die Nutzung von Microservices die bei den großen Spielern da draußen schon längst genutzt werden.

7) Die Risiken der Digitalisierung stehen oftmals im Vordergrund, wir möchten das Positive herausheben. Welche Chancen ergeben sich deiner Meinung nach durch sie?

Für uns als Unternehmer sind die Chancen klar, denn wann war es so spannend und so einfach ein globales Unternehmen aufzubauen. Den größten Vorteil sehe ich aber darin das die tiefe Vernetzung dazu führen wird das die guten Produkte, die guten Dienstleistungen gewinnen werden. Rein Marketing getriebene Verkaufskanäle werden aussterben, da diese nur noch funktionieren wenn ein schon gutes Produkt weiter gepushed wird.

8) Welche Schritte in Richtung digitale Transformation haben hast du in deinem Unternehmen angestoßen?

Wir haben keinen festen Arbeitsplatz, keine festen Zeiten, keine festen Telefonanschlüsse, keine langfristige Mietverträge, zählen keine Urlaubstage oder Arbeitszeiten, haben komplette Informationstransparenz inklusive Finanzen und Gehälter… Unsere Frage war: Wie sieht die Struktur der Firma aus, die die besten Entwickler einstellen kann und diesen erlaubt am besten anderen Entwicklern zu helfen.

9) CEO, CDO, CIO, CTO, CMO, CFO, … – wer sollte die Digitalisierung der Unternehmen vorantreiben und warum?

In einem großen Konzern das mittlere Management und der CEO sollte die Weichen dafür stellen. Es steht oder fällt am mittleren Management, egal was der CEO sagt.

10) Wandel ist stets eine Herausforderung. Wie kann es gelingen, dabei alle Mitarbeiter mitzunehmen?

Mitarbeiter wollen das doch selber, aber müssen auch dürfen und die Freiheiten dafür haben. Wenn ich Digitalisierung als eine weitere Aufgabe sehe wird es scheitern. Diese muss ein klarer Bestandteil der Ziele eines jeden sein.

11) Digitaler Enthusiasmus ist für dich?

Enthusiasmus. Ende. Ich hatte das vor einiger Zeit auf einer Konferenz. Da ging es um die Effekte von Quantified Self auf die ältere Bevölkerung und in typisch Deutscher Art ging die ganze Diskussion um die möglichen negativen Effekte von zuviel Transparenz und was denn alles ganz eventuell hypothetisch passieren könnte. Wäre die gleiche Konferenz in USA gewesen hätten wir erstmal voller Enthusiasmus über die Möglichkeiten gesprochen. Diesen Enthusiasmus brauchen wir. Lösungen und Möglichkeiten zuerst, Probleme lassen sich beheben.

Vielen Dank, Oliver! 

Katja Rietdorf im Netz: LinkedIn, XING

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