saatkorn.: Bitte stellen Sie sich den saatkorn. LeserInnen doch kurz vor.
Mein Name ist Dwight Cribb und im Jahr 1998 gründete ich eine der ersten Personalberatungen für den Internetbereich. Seither betreuen wir mit fünfzehn Kolleginnen und Kollegen viele führende Startups und Internetkonzerne, aber auch Mittelstands- und Dax-Unternehmen bei der Suche nach digital versierten Führungskräften.
saatkorn.: Dwight Cribb hat sich Gedanken um die Vergütung von Digitalexperten gemacht. Was war der Anlass?
Bei der Suche von Geschäftsführungs- und Vorstandspositionen für Konzerne haben wir immer wieder die Erfahrung gemacht, dass sie gehaltlich nicht mithalten können im Vergleich zu Unternehmen aus der Digitalwirtschaft. Dabei ist es nicht so, dass sich die Unternehmen diese Gehälter nicht leisten können, sondern sie die Wichtigkeit und den Wert gewisser Positionen anders – und zwar aus meiner Sicht falsch – verorten.
saatkorn.: Für mich erstaunlich kommt es vermehrt dazu, dass DAX Konzerne nicht in der Lage sind, bei der Vergütung von Digitalexperten mit den Angeboten von Internetunternehmen mitzuhalten. Oder doch kein Wunder bei google, facebook & Co?
Das ist der erste Instinkt, den alle haben. Dass es sich dabei um Google, Facebook oder Apple handeln müsse, wenn ein Dax-Konzern nicht wettbewerbsfähig ist. Dabei sind es häufig Unternehmen mit nur einigen hundert oder tausend Mitarbeitern, die ihre Top-Leute so hoch bezahlen und vor allem mit Aktienoptionen oder Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen am Erfolg des Unternehmens partizipieren lassen.
saatkorn.: Nun ist die Vergütung in Geld das eine, das andere sind mit Sicherheit Beteiligungen, womit sich Großkonzerne schwertun, richtig?
Ja, die Beteiligungen stellen in der Tat die größte Hürde dar, aber auch bei den Cash-Gehältern wird die Luft oft dünn. Digitalpositionen werden emotional oft noch als operative Funktionen in Randbereichen gesehen, dabei sind sie häufig von elementarerer strategischer Wichtigkeit für die Unternehmen und müssten ganz anders eingeordnet werden.
saatkorn.: Was würden Sie Personalabteilungen empfehlen? – So ein Beteiligungsprogramm ist ja nicht mal eben gemacht. Wie können sich Arbeitgeber hier in Konkurrenz zu Internetunternehmen besser positionieren?
Das ist eigentlich keine Frage für die Personalabteilung, sondern für den Vorstand. Man muss sich die Frage stellen. Wie sieht unser Geschäft in der Zukunft aus und wer bringt uns dorthin. Wenn man darüber Klarheit hat, dann muss man bereit sein diejenigen hoch zu bezahlen, die einen in die Zukunft führen.
saatkorn.: Welche Rolle haben CTOs eigentlich in deutschen Großkonzernen? – Oft sind CTOs ja nicht Teil des Vorstands…
Ja, das stimmt. Die IT fristet in vielen Unternehmen ein Dasein als Cost-Center, das möglichst jedes Jahr zehn Prozent mehr Leistung für zehn Prozent weniger Geld bringen soll. Selbst wenn digitale Produkte und Dienste entwickelt werden sollen, gibt man diese Aufgaben vielfach an externe Unternehmen oder gründet eigens dafür ein eigenes Startup oder Speedboat. Dabei kann ein strategisch und inhaltlich stark besetzte CTO Position einen ungeheuren Einfluss auf die Unternehmensentwicklung, die Agilität des Unternehmens und auch auf die Arbeitskultur haben. Neue Produkte, die Kunden begeistern, interne Systeme, die Transparenz und Kollaboration fördern, Systeme die Agilität ermöglichen und New Work Ansätze unterstützen kommen alle von starken CTOs, wenn man sie lässt.
saatkorn.: Und wie sieht es dann mit der Vergütung von Digitalexperten aus? – Eigentlich müsste es ja angesichts der strategischen Bedeutung von Digitalthemen naheliegend sein, dass ein CTO eine höhere Vergütung als ein CEO hat. Eigentlich undenkbar, oder?
Ja, früher war es nicht unüblich, dass Top-Performer, die viel Umsatz fürs Unternehmen reingebracht haben, mehr verdienen als der CEO. Top-Vertriebler, Investment Banker oder Trader kamen in den Genuss riesiger Boni. Ob das langfristig in die richtige Richtung incentiviert hat, mag dahingestellt sein. Aber grundsätzlich erachte ich es bei CTOs, welche die Weichen fürs Unternehmen und seine Entwicklung stellen, sinnvoll darüber nachzudenken, wie sie vergütet werden. Das Problem ist allerdings, dass man die Ergebnisse vielfach erst mit einigen Jahren Verzug sieht.
saatkorn.: Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Wettbewerb um Digitalexperten mittelfristig entwickeln und welche Chancen haben da traditionelle Großunternehmen und der Mittelstand, wenn es sich hierbei nicht um Internetunternehmen handelt?
Die Nachfrage nach Digitalexperten wird sich mittelfristig nicht entspannen. Grundsätzlich sind aber viele offen und interessiert bei traditionellen Unternehmen zu arbeiten, es muss nur das richtige Umfeld geboten werden und zwar nicht nur finanziell. Faktoren wie eine agile und den Einzelnen wertschätzende Unternehmenskultur, Nachhaltigkeit, Freiraum zur persönlichen Entwicklung, Standort und Spaß an der Arbeit machen die Attraktivität eines Unternehmens mit aus.
Das Interview erschien am 01. August 2019 auf saatkorn.