Welchen speziellen Themen sollte sich ein Beirat, den ein Unternehmen aus eigenem Antrieb einrichtet, ab sofort verstärkt widmen?
Dem Thema ESG, also Nachhaltigkeit, und hier insbesondere dem Thema Klimaschutz. Mit den European Green Deal und der EU-Taxonomie steht die Reduktion der CO2-Emissionen ganz oben auf der Agenda. Mit dem aktuellen DCGK (Corporate Governance Kodex) ist die Vorstandsvergütung noch stärker in den Fokus gerückt, hier insbesondere die langfristige erfolgsabhängige Komponente.
Welche persönlichen Eigenschaften sollte ein Beiratsmitglied mitbringen, um einen möglichst großen Impact auf das Unternehmen zu haben?
Als persönliche Eigenschaften sind Integrität, innere Unabhängigkeit und Neugierde, um immer wieder dazuzulernen, besonders wichtig.
Wenn du etwas jetzt sofort ändern könntest: Was würdest du in Aufsichtsräten als Allererstes ändern?
Ich würde sicherstellen, dass in allen Aufsichtsräten, unabhängig von der Eigentümerstruktur, mindestens zwei unabhängige Mitglieder vertreten sind, die auf das langfristige Wohl des Unternehmens und die erforderlich (Branchen-)Kompetenz achten.
Was würdest du Aufsichtsrats-Neulingen mit auf den Weg geben?
Auch als Non-Financial Expert sollte man ein Mindestmaß an Rechnungslegungskompetenz mitbringen. Sie sollten ein gutes Onboarding einfordern und immer die kurzfristige Performance sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens im Blick haben.
Gab es in deiner bisherigen Arbeit als Aufsichtsratsmitglied ein Aha-Erlebnis?
Ich stelle immer wieder mal erstaunt fest, wie sehr die gelebte Praxis hinter den Regularien hinterherhinkt, etwa wenn es um die im Aktiengesetz verankerte enge Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschussprüfer geht, die in vielen Fällen noch immer nicht stattfindet. Gute Aufsichtsratsvorsitzende stellen sicher, dass der Aufsichtsrat nicht nur eine Gruppe von Einzelkämpfern ist, sondern als Team zusammenspielt. Die Vorteile der Diversität kommen ja nur zum Tragen, wenn die unterschiedlichen Kompetenzen auch zusammenwirken.